Warum SHAKESPEARE ?!??
(und wieso Reloaded?)
Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten – es gibt
keinen besseren Autor in der gesamten Theaterliteratur. Shakespeare hat wie kein
anderer Grundkonflikte der menschlichen Natur beschrieben, menschliche
Charakterzüge und ewige Wahrheiten – Stücke, die man fast problemlos
aktualisieren und in zeitgenössischen Kontext setzen kann, ohne die Essenz des
Stückes zu verlieren oder seine Wirkung zu schmälern.
UNKAPUTTBAR.
Ganz im Gegenteil: Orson Welles brachte „JULIUS CÄSAR“ 1937 auf dem New Yorker Broadway durch die Verwendung damals zeitgenössischer Faschistenuniformen und surrealem Bühnenbild aus Licht und Rauch dem damaligen Publikum erst richtig nahe.
Seitdem sind ihm viele Regisseure erfolgreich gefolgt und haben Shakespeare in allen möglichen Varianten gezeigt.
Auch der Film hat mit seinen spezifischen Möglichkeiten ganz hervor- und herausragende Shakespeare-Werke auf die Leinwand gebracht. Auch hier darf man Orson Welles nicht unerwähnt lassen, der mit seinen Verfilmungen von OTHELLO und MACBETH auch hier neue Maßstäbe gesetzt hat, ebenso wie Sir Lawrence Olivier, dessen HAMLET oscarprämiert wurde. Kenneth Branagh läutete mit seinen (auch kommerziell) erfolgreichen Verfilmungen wie HENRY V., VIEL LÄRM UM NICHTS oder (den fast ungekürzten) HAMLET eine Renaissance der Shakespeare-Verfilmungen ein. RICHARD III von Richard Loncraine mit Sir Ian „Gandalf“ McKellen in der Titelrolle lief erfolgreich auf der Berlinale 1996 und Al Pacino beeindruckte als Shylock in Michael Radford´s KAUFMANN VON VENEDIG.
Baz Luhrmann bewies mit seiner MTV-mäßigen, lauten, schnellen, knallbunten ROMEO & JULIA – Fassung, dass Shakespeare nicht nur wie oben erwähnt unkaputtbar ist, sondern auch ein jugendliches Publikum begeistern kann. Gleiches gilt wohl auch für den MACBETH im australischen Gangstermilieu von Geoffrey Wright, mit Sam Worthington in der Titelrolle.
Es gibt auch noch krassere Bearbeitungen wie der surreale RE LEAR von Jean-Luc Godard oder die japanische Version von Akira Kurosawa unter dem Titel RAN. Er versetzt das Geschehen ins Japan des 16. Jahrhunderts, wobei einige Geschehnisse den veränderten Umständen angepasst wurden. So sind die drei Töchter beispielsweise zu drei Söhnen geworden. Erwähnenswert ist auch ROSENCRANTZ AND GUILDENSTERN ARE DEAD von Tom Stoppard, der die beiden Nebenfiguren zu Hauptrollen macht, die existentielle, philosophische Diskussionen führen, während im Hintergrund das Stück läuft, inklusive natürlich der Szenen, in denen sie selbst mitspielen. Dieses Theaterstück wurde mit Tim Roth, Gary Oldman und Richard Dreyfuss vom Autor selbst verfilmt.
Demnächst erscheint ein 3-D-Animationsfilm mit dem Titel GNOMEO & JULIA, der die bekannte Geschichte in lustiger Form in die Welt von sprechenden, lebendigen Gartenzwergen (!) versetzt.
Wie gesagt: UNKAPUTTBAR.
Und das, obwohl die Stücke 400 Jahre alt sind... Shakespeare ist und bleibt unerreicht.
Er „selbst“ ist Star einer Miniserie der BBC gewesen (wo er von Tim Curry verkörpert wurde) und verliebte sich (im Körper von Joseph Fiennes) in SHAKESPEARE IN LOVE beim Schreiben von ROMEO & JULIA unsterblich in Viola (Gwyneth Paltrow), die er dann zur Hauptfigur seines nächsten Stückes WAS IHR WOLLT machte. Einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 1998 und gewann sieben Oscars, darunter BESTER FILM. Mein Lieblingsschauspieler AL PACINO spielt in seinem Film LOOKING FOR RICHARD eben nicht nur RICHARD III, sondern redet mit ganz vielen Kollegen, Wissenschaftlern und auch einfachen Leuten von der Straße über Shakespeare als solches – genial und sehr informativ.
Ich selbst habe in meiner Zeit am RHEINISCHEN LANDESTHEATER
NEUSS auch oft das Vergnügen gehabt, mich mit Shakespeare beschäftigen zu
dürfen.
In Neuss befindet sich der Nachbau des GLOBE-Theaters,
weshalb ein alljährliches Shakespeare-Festival“ stattfindet, an dem wir vom
Landestheater natürlich immer teilnahmen.
Hier hatte ich Gelegenheit, Inzenierungen aus aller Welt zu sehen, mich mit anderen Künstlern kreativ auszutauschen und vollends in der Materie zu versinken.
Spätestens ab da war ich verloren und von Goethe ab (obwohl FAUST natürlich trotzdem weltweit auch ganz vorn und ohne Zweifel das genialste Stück der deutschen Literatur ist).
Mitarbeiten durfte ich bei folgenden Stücken:
Eine Bearbeitung für 3 Personen mit Rolf Kanies in der
Titelrolle – einfach nur genial
- und ein besonderes Erlebnis, den mittlerweile im englischen Theater sehr
prominenten Stephen Unwin bei der Arbeit sehen und unterstützen zu dürfen.
Für „Reloaded“ im Nachhinein sehr hilfreiche Erfahrung für den kreativen Umgang
mit Shakespeare-Texten.
Anmerkung am Rande:
Die anderen männlichen Rollen spielte alle Lutz Hübner, mittlerweile einer
der erfolgreichsten deutschen Dramatiker überhaupt.
Mein alter Mentor und Freund Jürgen Strube inszenierte eine sehr eigene Variante, in der das Stück quasi als Geistergeschichte in Retrospektive aus dem Grab erzählt wird. Romeo war Rolf Kanies und Julia spielte Sybille Schedwill. Ich durfte auch mitspielen als wilder Anhänger der Montagues und als Wirt von Romeos Stammkneipe in Verona (was eigentlich nicht im Stück vorkommt).
Brian Michaels besetzte die Hauptrolle des gegen alle Versuchungen (eigentlich) immunen ANGELO bewußt weiblich und öffnete dem Stück dadurch völlig neue Perspektiven. Martin Herrmann brillierte (wie immer) als Herzog, Manfred Müller-Kuhl als Barnadine und Mark Weigel als Claudio.
Spielzeit 96/97
KÖNIG LEAR – William Shakespeare
– Regie:
Barbara Theobaldt
Mein Freund und Mentor Sewan Latchinian, der zu dieser Zeit Oberspielleiter in Neuss war, obwohl er eigentlich in die A-Riege der deutschen Regisseure gehört, holte aus der eigentlich schon zu Shakespeare´s Zeiten 1000 Mal gesehenen, klischee-behafteten, typischen unglaubwürdigen„Verwechslungskomödie“ alles raus, was rauszuholen war – und zauberte einen tollen Theaterabend auf die Bretter des Neusser Globe Theaters - was genau das im Einzelnen war, würde den Rahmen sprengen – vertrauen Sie mir: es war grandios.
Ich selbst durfte mitspielen, indem Sewan alle Auftritte
der Staatsgewalt zusammenzog und damit die Rolle des „Beamten“ schuf. In
„Shakespeare Reloaded“ lasse ich HEINZ GRÜNDEL sagen: „Ich habe mit den Besten
gearbeitet – mit Zadek, mit Tabori, mit Latchinian.“
Das hat Gründe.
Anmerkung am Rande:
Die Leitung des Stückes teilte ich mir mit Adnan G. Köse, mittlerweile ein
erfolgreicher Filmregisseur.
SHAKESPEARE’S SÄMTLICHE WERKE (LEICHT GEKÜRZT) – Long /
Singer / Winfield
– Regie: Thomas Matschoß
Der brilliante Martin Herrmann, der grandiose Andreas Furcht und der geniale Wolfgang Schmitz spielen, wie der Titel schon sagt, den ganzen Shakespeare einmal komplett – leicht gekürzt, versteht sich.
Wolfgang, Martin und Andreas im Globe in Neuss
Die Aussage ist natürlich Unfug, aber ein herrlicher Theaterspaß, der mir später als Inspiration zu SHAKESPEARE RELOADED diente.
Ursprünglich wollte ich dieses Stück bearbeiten und an die Bedürfnisse meiner Truppe anpassen, stellte aber nach dem Lesen weniger Szenen fest, dass es sich nicht dafür eignete.
Dennoch wollte ich ein witziges Stück mit Shakespeare-Texten auf die Bühne bringen. So blieb mir nichts anderes übrig, als ein eigenes Stück zu schreiben.
Das Ergebnis konnte man sehen und Sie können es auch in Buchform nachlesen, wenn Sie möchten.
Die DUiSBURGER SHAKESPEARE COMPANY beschäftigt sich weiter mit „ihrem“ Shakespeare“ und wir werden Sie auf dieser HP auf dem neuesten Stand der Dinge halten.
Ich hoffe, Sie fanden diesen kleinen Exkurs beim Lesen ebenso unterhaltsam, wie ich beim Schreiben, wir sehen uns – hoffentlich bald – im Theater!
Liebe Grüße,
Ihr
Klaus Thiel-Klenner
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SHAKESPEARE RELOADED
von Klaus Thiel-Klenner